Verlaufsprotokoll einer Katastrophe -
Aus dem Tagebuch eines Lagerkommandanten

Im Tagebuch eines ehemaligen Lagerkommandanten fanden sich Belege für systematischen Tod durch Hunger und Kälte, Seuchen und Misshandlungen. Johannes Gutschmidt hatte seinen Alltag in mehreren Lagern minutiös schriftlich festgehalten. Eine fast unbekannte Tragödie ist das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen während des Zweiten Weltkriegs. Von ungefähr 5,5 Millionen sind drei Millionen in deutschen Lagern umgekommen. Dort mußten sie systematisch verhungern und erfrieren. Sie starben an Misshandlung, Entkräftung oder fielen Seuchen zum Opfer. Über die Lager für Kriegsgefangene im Dritten Reich gab es bisher kaum Belege. Aufsehen erregte deshalb im Jahr 2001 ein außergewöhnlicher Fund: ein Tagebuch, in dem ein Kommandant seinen Alltag beschreibt. Johannes Gutschmidt war zwischen 1939 und 1944 Kommandant mehrerer Durchgangslager für russische Kriegsgefangene in Polen, in der Sowjetunion und in Weißrussland - dem Zentrum des Massenmordes an sowjetischen Kriegsgefangenen. Detailliert belegt das Tagebuch die Schrecken des Lagerlebens - Kälte, Hunger, Kannibalismus, Selbstmord - und enthüllt gleichzeitig die Biografie eines Mannes. Es beschreibt einen kaisertreuen Offizier, der nicht mit den Nationalsozialisten sympathisierte und dennoch zum Täter wurde. Das Tagebuch des Johannes Gutschmidt ist das Verlaufsprotokoll einer Katastrophe. Und es stellt erneut die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in der Tötungsmaschinerie der Nationalsozialisten.

Tagebuch eines Lagerkommandanten

HDCAM / Digi-Beta / 52 min. / 16:9 / Deutsch Dok.-Film, 52 Min., Radio Bremen / ARTE 2010

Produktion, Buch, Regie: A. Krug-Metzinger
Kamera: Bernd Meiners, Edward Kłosiński †
Ton: Jörg Johow
Schnitt: Wiebke Abraham
Musik: André Feldhaus
Redaktion: Mechtild Lehning

gefördert mit Mitteln der Hessischen Filmförderung